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Abwasserhebeanlagen

Facility Management: Sanitärtechnik » Sanitär » Schmutzwasser » Abwasserhebeanlagen

Abwasserhebeanlagen – Betreiberpflichten im Facility-Management

Abwasserhebeanlagen sind unscheinbare, aber hochkritische Aggregate: Sie sichern die Nutzbarkeit wertvoller Flächen, verhindern Rückstauschäden und schützen Gesundheit sowie Umwelt. Rechtlich verpflichtet die aktuelle Normung den Betreiber zu engmaschiger Wartung, lückenloser Dokumentation und wirksamen Notfallmaßnahmen. Organisatorisch müssen FM-Teams eindeutige Rollen, digitale Prozesse und belastbare Dienstleisterverträge etablieren. Technisch eröffnet moderne Sensorik erhebliche Potenziale, Ausfallzeiten zu minimieren und Energiekosten zu senken. Wer diese drei Ebenen integriert – Normenkonformität, FM-Organisation und Digitalisierung – schafft eine robuste Betreiberverantwortung und senkt gleichzeitig Betriebs- und Schadenskosten.

Warum Abwasserhebeanlagen für FM‐Organisationen kritisch sind

Abwasserhebeanlagen für FM‐Organisationen kritisch sind

Abwasserhebeanlagen (AWH) transportieren häusliches, gewerbliches oder industrielles Abwasser über die Rückstauebene bzw. bis zum Kanalanschluss, wenn ein freies Gefälle nicht möglich ist. Damit schützen sie Nutzflächen unter Gelände- oder Kanalniveau – Tiefgaragen, Untergeschosse, Technikräume, Küchen oder Sanitärräume – vor Rückstau und Betriebsunterbrechung. Jede Störung äußert sich sofort: Geruchsbelästigung, Überschwemmung, Hygienerisiken und sofortiger Imageschaden. Für Betreiber folgt daraus eine besondere Organisations- und Verkehrssicherungspflicht.

Rechtlicher Rahmen und Normen

Ebene

Wesentliche Pflichten für den Betreiber

Relevanz für AWH

Bauordnungs- und Wasserrecht (Landesbauordnung, Wasserhaushaltsgesetz, Selbstüberwachungsverordnungen)

Dichtheit, Vermeidung von Gewässer- und Grundwassergefährdung, Rückstauschutz

Auswahl geeigneter Anlage, fachgerechte Installation und Nachweis der Funktionsfähigkeit

DIN-Normen• EN 12050-1/-2/-3 (Geräteanforderungen)• EN 12056-4 (Bemessung) • DIN 1986-100 (Entwässerung)• DIN 1986-3 (Betrieb/Wartung, Neufassung 05-2024)

Technische Regeln gelten als anerkannte Regeln der Technik – Einhaltung wird bei Schadensfällen vermutet

Bemessung, Einbau, Wartungsintervalle, Dokumentation

Maschinen- und Produktsicherheitsrecht (Maschinenverordnung, CE-Kennzeichnung)

Marktbereitstellung nur mit Konformitätserklärung; Betreiber darf keine wesentlichen Veränderungen ohne erneute CE-Bewertung vornehmen

Kontrolle von Umbauten und Ersatzteilen

Arbeitsschutzrecht (BetrSichV, ArbStättV)

Gefährdungsbeurteilung, Unterweisung, Instandhaltung sicherer Arbeitsmittel

Schutzausrüstung bei Instandhaltung, abschalt- und verriegelbare Wartung

Verkehrssicherungspflicht & Haftungsrecht

Organisationsverschulden bei Planung, Wartung, Überwachung

Persönliche Haftung von Geschäftsführung oder Objektverantwortlichen bei Vernachlässigung

Merke: Die Pflichten „haften“ nicht am Dienstleister, sondern grundsätzlich am Betreiber. Wird die Aufgabe delegiert, bleibt eine Auswahl-, Überwachungs- und Instruktionspflicht bestehen.

Planung & Beschaffung

  • Systemanalyse: Welche Entwässerungseinheiten liegen unter der Rückstauebene? Wie hoch ist die zulässige Standzeit bei Stromausfall?

  • Bemessung nach EN 12056-4: Förderstrom (nₐ) × Rundungsfaktor (k), Mindestströmungsgeschwindigkeit 0,7 m/s (fäkalienhaltig) oder 1,0 m/s bei langen Leitungen.

  • Redundanzentscheidungen: Ab 20 angeschlossenen Nutzungseinheiten oder bei kritischer Nutzung (Labor, OP, Serverraum) ist eine 100 % Betriebsreserve (zweite Pumpe, getrennte Stromzuleitung) Stand der Technik.

  • ATEX-Bewertung: Bei fett- oder lösemittelhaltigem Abwasser kann Zone 2 vorliegen – Ex-geschützte Komponenten wählen.

  • Dokumentation: Pflichtenheft, CE-Konformitätserklärung, Herstellerunterlagen (Montage-, Betriebs-, Wartungsanleitung) vollständig archivieren – später Kern des digitalen Anlagenkatasters.

Montage & Inbetriebnahme

  • Fachgerechter Einbau: Grundrahmen lot- und waagegerecht, keine Zwangsspannungen in Zulauf- und Druckleitung, Belüftungsleitung DN ≥ 70.

  • Dichtheits- und Funktionsprüfung: Protokoll nach DIN 1986-30/DIN EN 1610, Kalibrierung des Schwimmerschalters bzw. der Füllstandsonde.

  • Rückstauschutz: Automatisches Rückschlagventil + manuelle Notabsperrklappe, Alarm bei „Ventil undicht“ an GLT/BMS aufschalten.

  • Bestandsunterlagen: Revisionsplan, Fotos, Schaltplan und Datenpunkte-Liste in CAFM importieren.

Pflichtintervalle gemäß DIN 1986-3 (05-2024)

Maßnahme

Fäkalienhaltige AWH

Grauwasser-/Kondensat-AWH

Sichtkontrolle, Probelauf

alle 3 Monate

alle 6 Monate

Reinigung Behälter & Rückschlagklappe

halbjährlich

jährlich

Überprüfung Alarm- und Fernmeldeeinrichtung

quartalsweise

halbjährlich

Elektrotechnische Prüfung (DIN VDE 0105-100)

alle 24 Monate

alle 24 Monate

Externe Sachkundeprüfung

spätestens alle 5 Jahre

spätestens alle 5 Jahre

Hinweis: Wenn die Anlage in Räumen mit hoher Besucherfrequenz (z. B. Einkaufszentrum) betrieben wird, verkürzt sich das Reinigungsintervall regelmäßig auf vierteljährlich, da hier vermehrt Hygieneartikel eingetragen werden.

Betriebspflicht „Ständige Überwachung“

  • Füllstand und Betriebsstunden müssen kontinuierlich oder tageweise erfasst werden. Moderne Pumpen liefern Motorstrom- und Vibrationsdaten; eine 10-prozentige Abweichung vom Basiswert zeigt häufig beginnende Verschleißerscheinungen.

  • Alarmierung: akustisch/optisch am Aufstellraum + Meldung an 24/7-Leitstelle; Notrufkette, Reaktionszeit ≤ 30 Minuten bei fäkalienhaltiger AWH.

  • Notbetrieb: Steckdose für Notstrom-Aggregat oder zweite Einspeisung.

Störfall- und Krisenmanagement

  • Sofortmaßnahmen: Strom abschalten, Rückfluss verhindern, Räume absichern, kontaminiertes Wasser absaugen, Desinfektion veranlassen.

  • Dokumentation: Störungsursache, Maßnahmen, Stillstandszeit, Kosten – spätestens 48 h nach Störungsende im CAFM‐Ticket geschlossen.

  • Ursachenanalyse (5 Why, FMEA): Vermeidet Wiederholungsschäden. Ergebnis in Wartungsstrategie einfließen lassen.

  • Haftpflicht- und Sachversicherung: Schadenmeldung innerhalb der Fristen; Begutachtung erleichtert, wenn Wartungs- und Prüfprotokolle lückenlos vorliegen

Außerbetriebnahme & Ersatz

  • Lebensdauer: 10–15 Jahre bei Grauwasser, 7–10 Jahre bei Fäkalienhebeanlagen (korrosive Umgebung, Fette, Fremdkörper).

  • De-Contamination: Entleeren, reinigen, ggf. Desinfizieren, sachgerechte Entsorgung nach Abfallverzeichnis-VO; Umwelt- und Unfallverhütungsvorschriften beachten.

  • Re-CE bei Umbau: Austausch des Motors mit höherer Leistung gilt als wesentliche Veränderung – neue Gefährdungsbeurteilung und CE-Bewertung.

Organisation und Rollen im Facility Management

Rolle

Kernaufgaben

Erforderliche Qualifikation

Anlagenverantwortliche*r (AV)

Gesamtverantwortung, Risikobewertung, Budget, Freigabe Wartungsplan

Techniker/Ingenieur TGA, TRWI / Meister Sanitär

Befähigte Person

Durchführung von Sicht-, Funktions- und Reinigungsprüfungen, Dokumentation

Schulung gem. DIN 1986-3; Praxis­erfahrung Abwassertechnik

Externe Sachkundige

5-Jahres-Prüfung, Gutachten, Messung Förderleistung/Vibration/Schall

Sanitär- oder Maschinenbau-Ingenieur, Herstellerzertifizierung

Wartungsdienstleister

Ausführung Instandhaltung, 24/7-Stördienst, Ersatzteil­bevorratung

Wartungsvertrag + SLA, ISO 9001 empfohlen

FM-Leitstelle

Überwachung Fernalarme, Disposition Störungs­einsätze, Berichterstattung

Leitstellenpersonal mit TGA-Grundwissen und CAFM-Erfahrung

Delegation richtig gestalten

  • Vertragliche Fixierung: Instandhaltungspflichten, Meldeschwellen, Ersatzteilbevorratung, Haftungsübergänge.

  • Kontrolle: Serviceberichte stichprobenartig prüfen; KPIs wie „fristgerechte Wartung“ (> 95 %) und „Mean-Time-to-Repair“.

  • Unterweisung: Eigenes Hauspersonal darf keine Pumpen öffnen, solange keine fachliche Qualifikation vorliegt – sonst Organisationsverschulden.

Digitale Werkzeuge

  • CAFM/CMMS: Stammdatensatz mit Baujahr, Typ, Förderhöhe, Wartungsintervallen, Prüfprotokollen, Foto-Dokumentation.

  • IoT-Retrofit: Batteriebetriebene Ultraschallsonde → MQTT-Gateway → Dashboard; ROI typischerweise < 36 Monate durch weniger Notdiensteinsätze.

  • QR-Code: am Pumpengehäuse; Scan öffnet Arbeitsanweisung, Logbuch und Ersatzteilliste.

  • KI-basierte Predictive-Maintenance: Kombination von Stromaufnahme + Vibrationen + Schaltzyklen → Algorithmus prognostiziert Lager- oder Gleitringverschleiß mehrere Tage im Voraus.

  • Dokumentenlenkung: Normen- und Hersteller-Updates via RSS; automatisierte Versionierung im FM-DMS.

Risiko- und Haftungsbetrachtung

Risikoquelle

Typische Folgen

Vermeidungsstrategie

Stromausfall

Rückstau, Überschwemmung

Notstrom, Doppel-Netzeinspeisung, USV für Steuerung

Verstopfung/Ragging

Ausfall, Geruchsbelästigung

Rückflussverhinderer warten, Reinigungsintervall anpassen, Schneidwerk oder Freistromlaufrad wählen

Fett- und Schmutzablagerungen

Korrosion, Motorschaden

Fettabscheider vorschalten, Temperaturbegrenzung Zulauf

Fehlende Dokumentation

Leistungsverweigerung Versicherung, Ordnungswidrigkeit

Lückenlose digitale Protokolle, Schulung Dokumentation

Normabweichende Umbauten

Erlöschen CE, Unfallgefahr

Änderungsmanagement mit Gefährdungsbeurteilung und Herstellerfreigabe

Nachhaltigkeit & ESG-Perspektive

  • Energieeffizienz: Drehzahl­geregelte Pumpen (IE3-Motor + Frequenzumrichter) sparen bis zu 25 % Strom.

  • Klimaanpassung: Zunehmende Starkregenereignisse → Rückstauebene prüfen und ggf. anheben, Alarmschwelle im BMS anpassen.

  • Ressourcenschutz: Verwendung recycelbarer Materialien (PE-Leitungen), Vermeidung von Reinigungs-Chemikalien durch Hochleistungs-Düse.

  • ESG-Kennzahlen: „Stromverbrauch pro m³ gefördertes Abwasser“, „Anteil fernauslesbarer AWH“, „Wartungs-Compliance-Quote“.

Best-Practice-Roadmap für Betreiber

  • Ist-Analyse: Anlagenkataster vervollständigen, DIN-Konformität prüfen.

  • Risikobewertung & Priorisierung: nach DIN ISO 31010 / FMEA; Ampelsystem für Sanierungsbedarf.

  • Wartungs- und Servicekonzept: Eigen- vs. Fremdleistungen klären, SLA definieren, Notdienst 24/7.

  • Digitalisierung: CAFM-Anbindung, IoT-Sensorik, Predictive-Dashboard.

  • Qualifizierung & Schulung: Befähigte Personen benennen, jährliche Unterweisung, Notfallübungen.

  • Kontinuierliche Verbesserung: KPIs auswerten, Lessons Learned nach jedem Störfall implementieren.

  • Audit & Review: Regelmäßige Betreiber-Auditierung (mind. alle 2 Jahre) gegen interne FM-Richtlinie und DIN 1986-3.